Pressemitteilung
„PFLEGE JETZT ZUR CHEFSACHE MACHEN“
Der Bundesregierung, federführend das Bundesgesundheitsministerium unter Verantwortung des Minister Prof. Dr. Karl Lauterbach ignoriert alle Verbände und Experten.
Erst am 26.04.2023 in den Bundestag eingebracht wurde am Freitag, den 26.05.2023 bereits das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) im Bundestag verabschiedet.
Pflege ist nicht mehr finanzierbar. Bedürftige und deren Angehörige können sich irgendeine, geschweige denn eine selbstbestimmte und notwendige Versorgung nicht mehr leisten. Und noch dramatischer: Pflegedienste können sich ihre Patienten nicht mehr leisten. Eine unwirtschaftliche Finanzierung durch Pflege- und Krankenkassen zwingt die Pflege in die Knie. Die Insolvenzwelle ist bereits angedroht.
Im Rahmen der Anhörung haben Experten und Verbände auf diese dramatische Lage nachdrücklich und eindrucksvoll hingewiesen. Das Netzwerk www.pflege-in-not-mv.de hat sich wiederholt an politische Akteure in den Landkreisen, im Landtag MV und auch an Verantwortliche in den Ministerien gewandt um die 7 zentralen Forderungen des Netzwerkes zu erläutern und die Auswirkungen zu verdeutlichen.
Das Bundesgesundheitsministerium, in Person verantwortlich Prof. Dr. Karl Lauterbach hat systematisch die Stellungnahmen u.a. AWO Bundesverband e. V., Bundesverband der kommunalen Spitzenverbände, Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e. V. (bpa), Deutscher Caritasverband e. V., Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband – Gesamtverband e. V., Deutscher Pflegerat e. V. (DPR), Diakonie Deutschland – Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e. V. (EWDE), Sozialverband Deutschland e. V. (SoVD) ignoriert und „damit eine nicht mehr länger hinnehmbare Dehnung unseres Rechtsstaates herbeigeführt. Expertenanhörungen und Stellung-nahmeverfahren sind aus gutem Grund fester Bestandteil von Gesetzgebungs- und Verordnungsverfahren, denn nur wir können den Praxischeck machen, ohne den jede Reform zu Verwerfungen in der Versorgung führt oder auch ins Leere führt“. Wir zitieren an dieser Stelle Herrn Dr. Klaus Reinhardt vom 127. Deutschen Ärztetag und schließen uns diesen Worten vollumfänglich an.
Hauptforderung des Netzwerkes „Pflege-in-Not-MV“ ist eine flächendeckende und leistbare Versorgung. Beides wird zeitnah zusammenbrechen. Der Gesetzgeber hat mit der Einführung von Tariftreue in der Pflege (GVWG) im September einen längst überfälligen Schritt gemacht. In M-V beträgt das regional übliche Entgelt für eine Pflegefachkraft seit Februar diesen Jahres 21,78 € / h. Dies entspricht einer Arbeitgeberbelastung von 60.000 € je Pflegefachkraft in Vollzeit.
Das Netzwerk rechnet vor: In der Stunde haben wir umgerechnet Ausgaben für Personal- und Sachkosten von bis zu 60,00 €, Tendenz steigend. Demgegenüber steht die unwirtschaftliche Vergütung von Leistungen, insbesondere im Leistungsbereich der Krankenkassen.
Massiv gestiegener Bürokratie- und Verwaltungsaufwand, veränderte Versorgungsstrukturen durch multimorbide Patienten mit diversen Behandlungsbedarfen führen in eine erhebliche finanzielle Schieflage. Bis zu 20,00 € muss derzeit (auch nach dem Schiedsspruch vom 06.02.2023 und der Erhöhung zum 01.07.2023) jeder Pflegedienst pro Stunde draufpacken. Geld, dass die meist kleinen und privat geführten Pflegedienste nicht haben. Einziger Ausweg: Selbständigkeit aufgeben!!!
Das Netzwerk „Pflege-in-Not-MV“ fordert alle Pflegeunternehmer in M-V und bundesweit auf, systematisch und analytisch zu überprüfen, ob die aktuellen Vergütungssätze die Refinanzierung von gesetzlichen vorgeschriebenen Ausgaben (GVWG) aber auch gestiegener Sachkosten als auch notwendiger Absicherung von Wagnis- und Risiko ermöglicht und hieraus innerhalb der Verbände und ggfs. auch Verbandsübergreifend Maßnahmen abzustimmen.
Gerade die kleinen Pflegedienste (bis 30 Mitarbeiter) sind gut beraten, JETZT einen Schlussstrich zu ziehen, da diese ansonsten in der Privatinsolvenz landen werden. Bundesweit rollt die Insolvenzwelle bereits durch die Pflegelandschaft, in den letzten Monaten waren besonders stark die Pflegeheime betroffen, nun werden die ambulanten Dienste folgen.
In der durch die Bundesregierung billigend in Kauf genommenen Marktbereinigung mögen ökonomische Chancen liegen. Dieser Gegenüber steht das reale Risiko, insbesondere in einem Flächenland wie M-V, dass wir künftig zwar an jeder Milchkanne Internet haben aber keinen Pflegedienst mehr finden, welcher teils lebensnotwendige, Behandlungspflegen wie Insulingaben durchführt.
Wir als Netzwerk können uns des Eindruckes nicht verwehren, dass insbesondere die Bundespolitik, das Gesundheitswesen auf den eigenen Kollaps vorbereitet und die Maßnahmen darauf ausrichtet, die medizinische Grund- und Notfallversorgung zu ermöglichen. Anders jedenfalls kann man nicht erklären, dass trotz aller Hinweise von Experten und Verbänden keine strukturelle Reform das Gesetzgebungsverfahren verlässt.
Es reicht nicht wenn Herr Minister Lauterbach feststellt: „Es wäre mehr erforderlich“, weil damit ignoriert wird und gar vorsätzlich hingenommen wird, dass das Haus der Pflege bedrohlich wankt und nur einen Farbanstrich bekommt. Wir weisen an dieser Stelle auch auf die deutlichen Worte des bpa-Präsidenten Bernd Meurer hin.
JETZT erst Recht. Das Netzwerk „Pflege-in-Not-MV“ wird nicht hinnehmen, dass die Errungenschaften der sozialen Absicherung des Risiko Pflegebedürftigkeit, gerade in den aktuellen demografischen Heraus-forderungen derart vorsätzlich weiter beschädigt wird und keine strukturelle Neuausrichtung erfolgt.
Wir fordern deshalb nachdrücklich und laut von Olaf Scholz: „Pflege jetzt zur Chefsache“ machen. Neben einer Postkartenaktion und verschiedenen Öffentlichkeitswirksamen Protestaktionen werden wir Pflegebedürftigen, pflegenden Angehörigen und der gesamten Pflege eine laute Stimme geben.
Nachdem nun alle Experten und Verbände die Ignoranz selbst erleben und spüren, ist es JETZT an der Zeit, gemeinsam aufzutreten und sich solidarisieren. Diese Dehnung des Rechtsstaates und die vorsätzliche systematische Vernachlässigung der Pflege darf nicht weiter hingenommen werden.
Wir rufen deshalb alle Pflegebedürftigen, pflegenden Angehörigen, ehrenamtlich und beruflich Pflegenden unabhängig von Pflegeort und Verbandszugehörigkeit zum gemeinsamen lauten Protest auf.
#pflegeinnot
#deutlichwerden
#Kampfansage
#5nach12
29.05.2023 Ansprechpartner: Maik Wolff – hilfe@pflege-in-not-mv.de